Menu

Journalistenkodex Richtlinien

Journalistenkodex des Schweiz. Presserates

Präambel

Das Recht auf Information, auf freie Meinungsäusserung und auf Kritik ist ein grundlegendes Menschenrecht.
Journalistinnen und Journalisten sichern den gesellschaftlich notwendigen Diskurs. Aus dieser Verpflichtung leiten sich ihre Pflichten und Rechte ab.
Die Verantwortlichkeit der Journalistinnen und Journalisten gegenüber der Öffentlichkeit hat den Vorrang vor jeder anderen, insbesondere vor ihrer Verantwortlichkeit gegenüber ihren Arbeitgebern und gegenüber staatlichen Organen.
Die Journalistinnen und Journalisten auferlegen sich freiwillig die bei der Erfüllung ihrer Informationsaufgabe einzuhaltenden Regeln; diese sind in der nachstehenden Erklärung der Pflichten der Journalistinnen und Journalisten festgelegt.
Um die journalistischen Pflichten in Unabhängigkeit und in der erforderlichen Qualität erfüllen zu können, braucht es entsprechende berufliche Rahmenbedingungen; diese sind Gegenstand der anschliessenden Erklärung der Rechte der Journalistinnen und Journalisten.
Journalistinnen und Journalisten, welche dieser Bezeichnung würdig sind, halten es für ihre Pflicht, die Grundsätze dieser Erklärung getreulich zu befolgen. In Anerkennung der bestehenden Gesetze jedes Landes nehmen sie in Berufsfragen nur das Urteil ihrer Berufskolleginnen und -kollegen, des Presserates oder ähnlich legitimierter berufsethischer Organe an. Sie weisen dabei insbesondere jede Einmischung einer staatlichen oder irgendeiner anderen Stelle zurück. Es entspricht fairer Berichterstattung, zumindest eine kurze Zusammenfassung der Stellungnahmen des Presserates zu veröffentlichen, die das eigene Medium betreffen.

Erklärung der Pflichten der Journalistinnen und Journalisten

Die Journalistinnen und Journalisten lassen sich bei der Beschaffung, der Auswahl, der Redaktion, der Interpretation und der Kommentierung von Informationen, in Bezug auf die Quellen, gegenüber den von der Berichterstattung betroffenen Personen und der Öffentlichkeit vom Prinzip der Fairness leiten. Sie sehen dabei folgende Pflichten als wesentlich an:

  1. Sie halten sich an die Wahrheit ohne Rücksicht auf die sich daraus für sie ergebenden Folgen und lassen sich vom Recht der Öffentlichkeit leiten, die Wahrheit zu erfahren.
  2. Sie verteidigen die Freiheit der Information, die sich daraus ergebenden Rechte, die Freiheit des Kommentars und der Kritik sowie die Unabhängigkeit und das Ansehen ihres Berufes.
  3. Sie veröffentlichen nur Informationen, Dokumente, Bilder und Töne deren Quellen ihnen bekannt sind. Sie unterschlagen keine wichtigen Elemente von Informationen und entstellen weder Tatsachen, Dokumente, Bilder und Töne noch von anderen geäusserte Meinungen. Sie bezeichnen unbestätigte Meldungen, Bild -und Tonmontagen ausdrücklich als solche.
  4. Sie bedienen sich bei der Beschaffung von Informationen, Tönen, Bildern und Dokumenten keiner unlauteren Methoden. Sie bearbeiten nicht oder lassen nicht Bilder bearbeiten zum Zweck der irreführenden Verfälschung des Originals. Sie begehen kein Plagiat.
  5. Sie berichtigen jede von ihnen veröffentlichte Meldung, deren materieller Inhalt sich ganz oder teilweise als falsch erweist.
  6. Sie wahren das Redaktionsgeheimnis und geben die Quellen vertraulicher Informationen nicht preis.
  7. Sie respektieren die Privatsphäre der einzelnen Personen, sofern das öffentliche Interesse nicht das Gegenteil verlangt. Sie unterlassen anonyme und sachlich nicht gerechtfertigte Anschuldigungen.
  8. Sie respektieren die Menschenwürde und verzichten in ihrer Berichterstattung in Text,Bild und Ton auf diskriminierende Anspielungen, welche die ethnische oder nationale Zugehörigkeit, die Religion, das Geschlecht, die sexuelle Orientierung, Krankheiten sowie körperliche oder geistige Behinderung zum Gegenstand haben. Die Grenzen der Berichterstattung in Text, Bild und Ton über Kriege, terroristische Akte, Unglücksfälle und Katastrophen liegen dort, wo das Leid der Betroffenen und die Gefühle ihrer Angehörigen nicht respektiert werden.
  9. Sie nehmen weder Vorteile noch Versprechungen an, die geeignet sind, ihre berufliche Unabhängigkeit und die Äusserung ihrer persönlichen Meinung einzuschränken.
  10. Sie vermeiden in ihrer beruflichen Tätigkeit als Journalistinnen und Journalisten jede Form von kommerzieller Werbung und akzeptieren keinerlei Bedingungen von seiten der Inserentinnen und Inserenten.
  11. Sie nehmen journalistische Weisungen nur von den hierfür als verantwortlich bezeichneten Mitgliedern ihrer Redaktion entgegen, und akzeptieren sie nur dann, wenn diese zur Erklärung der Pflichten der Journalistinnen und Journalisten nicht im Gegensatz stehen.

Erklärung der Rechte der Journalistinnen und Journalisten

Damit die Journalistinnen und Journalisten die von ihnen übernommenen Pflichten erfüllen können, müssen sie zum mindesten folgende Rechte beanspruchen können:

  1. Sie haben freien Zugang zu allen Informationsquellen und die Freiheit zur unbehinderten Ermittlung aller Tatsachen, die von öffentlichem Interesse sind; die Geheimhaltung öffentlicher oder privater Angelegenheiten kann dabei den Journalistinnen und Journalisten gegenüber nur in Ausnahmefällen und nur mit klarer Darlegung der Gründe geltend gemacht werden.
  2. Sie dürfen nicht veranlasst werden, beruflich etwas zu tun oder zu äussern, was den Berufsgrundsätzen oder ihrem Gewissen widerspricht. Aus dieser Haltung dürfen ihnen keinerlei Nachteile erwachsen.
  3. Sie dürfen jede Weisung und jede Einmischung zurückweisen, die gegen die allgemeine Linie ihres Publikationsorgans verstossen. Diese allgemeine Linie muss ihnen vor ihrer Anstellung schriftlich mitgeteilt werden; ihre einseitige Änderung oder Widerrufung ist unstatthaft und stellt einen Vertragsbruch dar.
  4. Sie haben Anspruch auf Transparenz über die Besitzverhältnisse ihres Arbeitgebers. Sie müssen als Mitglied einer Redaktion vor jeder wichtigen Entscheidung die Einfluss auf den Gang des Unternehmens hat, rechtzeitig informiert und angehört werden. Die Redaktionsmitglieder sind insbesondere vor dem definitiven Entscheid über Massnahmen zu konsultieren, welche eine grundlegende Änderung in der Zusammensetzung der Redaktion oder ihrer Organisation zur Folge haben.
  5. Sie haben Anspruch auf eine angemessene berufliche Aus- und Weiterbildung.
  6. Sie haben Anspruch auf eine klare Regelung der Arbeitsbedingungen durch einen Kollektivvertrag. Darin ist festzuhalten, dass ihnen durch ihre Tätigkeit in den Berufsorganisationen keine persönlichen Nachteile entstehen dürfen.
  7. Sie haben das Recht auf einen persönlichen Anstellungsvertrag, der ihnen ihre materielle und moralische Sicherheit gewährleisten muss. Vor allem soll durch eine angemessene Entschädigung ihrer Arbeit, die ihrer Funktion, ihrer Verantwortung und ihrer sozialen Stellung Rechnung trägt, ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit als Journalistinnen und Journalisten sichergestellt werden.

Diese «Erklärung» wurde an der konstituierenden Sitzung des Stiftungsrats der Stiftung Schweizer Presserat vom 21. Dezember 1999 verabschiedet und an der Stiftungsratssitzung vom 5. Juni 2008 revidiert.


 

Protokollerklärungen zur «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten»

Allgemeines/Zweck der Protokollerklärungen

Mit ihrem Beitritt zur Trägerschaft der Stiftung «Schweizer Presserat» anerkennen Schweizer Presse und die SRG SSR idée suisse den Presserat als Organ der Selbstregulierung für den redaktionellen Teil der Medien. Im Rahmen der nachfolgenden Protokollerklärungen anerkennen sie die berufsethischen Normen der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» als Beitrag zur notwendigen Ethik- und Qualitätsdebatte rund um die Medien.

Die Protokollerklärungen wollen die Tragweite der «Erklärung» sowie umstrittene oder unklare Bestimmungen des historisch gewachsenen Journalistenkodex klären. Die Präzisierungen erfolgen mit Blick auf die konkrete Tätigkeit des Presserates.

Geltungsbereich und Normcharakter der «Erklärung»

Adressaten der berufsethischen Normen der «Erklärung» sind die Berufsjournalistinnen und -journalisten, die bei der Recherche und Bearbeitung von Informationen im redaktionellen Teil aktualitätsbezogener öffentlicher und periodischer Medien mitwirken. Die Verleger und Veranstalter anerkennen ihrerseits die sich für sie daraus ergebenden berufsethischen Pflichten.

Die «Erklärung der Pflichten und Rechte» statuiert ausschliesslich berufsethische Normen. Diese sind als Sollensnormen ethisch verbindlich, im Gegensatz zu Rechtsnormen jedoch ungeachtet der im Text verwendeten Begriffe nicht auf dem Rechtsweg durchsetzbar. Im selben Sinne ethisch verbindlich ist das Bekenntnis von Schweizer Presse und der SRG SSR idée suisse. Die folgenden Protokollerklärungen präzisieren dieses Bekenntnis. Aus der «Erklärung» sind weder generelle (arbeits-)rechtliche Forderungen abzuleiten; noch hat sie unmittelbare Auswirkung auf einzelne Arbeitsverhältnisse.

In Bezug auf die «Erklärung der Rechte» stimmen die Parteien überein: Die medialen Qualitätsstandards im Journalistenkodex setzen fair geregelte, sozial angemessene Arbeitsbedingungen, eine hochstehende berufliche Aus- und Weiterbildung sowie eine ausreichende redaktionelle Infrastruktur voraus. Auch aus der «Erklärung der Rechte» können aber keine rechtsverbindlichen Pflichten und Ansprüche abgeleitet werden.

Präambel/3. Abschnitt

Die Verantwortlichkeit der (Journalisten) gegenüber der Öffentlichkeit hat den Vorrang vor jeder anderen, insbesondere vor ihrer Verantwortlichkeit gegenüber ihren Arbeitgebern und gegenüber staatlichen Organen (Präambel, Satz 3).

Dieser Abschnitt 3 der Präambel bekräftigt den ideellen Vorrang der «Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit». Dies ist ja auch der Geltungsgrund der Kommunikationsgrundrechte der Bundesverfassung. Der Abschnitt ändert nichts an der arbeitsrechtlichen Kompetenzordnung und der Pflicht, verfassungsmässige Gesetze und in diesem Rahmen ergangene Gerichtsurteile einzuhalten. Vorbehalten sind begründete Fälle der Inkaufnahme einer Strafe wegen gewissensbedingter Widersetzlichkeit.

«Erklärung der Pflichten»/Ziffer 11

(Journalisten) nehmen journalistische Weisungen nur von den hiefür als verantwortlich bezeichneten Mitgliedern ihrer Redaktion entgegen, und akzeptieren sie nur dann, wenn diese (zum Journalistenkodex) nicht im Gegensatz stehen.

Die Redaktionen entscheiden im Rahmen der publizistischen Linie des Mediums selbständig über den Inhalt des redaktionellen Teils. Davon ausgenommen sind gezeichnete geschäftliche Mitteilungen des Verlegers/Veranstalters. Publizistische Einzelweisungen des Verlegers/Veranstalters an die Redaktion sind unstatthaft. Wirkt der Verleger/Veranstalter bei der redaktionellen Arbeit mit, gilt er als Journalist und untersteht dem Journalistenkodex. Die Freiheit der redaktionellen Arbeit und deren Trennung vom kommerziellen Teil des Medienunternehmens ist durch eine klare Regelung der Kompetenzen zu gewährleisten.

«Erklärung der Pflichten»/Letzter Absatz

Journalistinnen und Journalisten, welche dieser Bezeichnung würdig sind, halten es für ihre Pflicht, die Grundsätze dieser Erklärung getreulich zu befolgen. In Anerkennung der bestehenden Gesetze jedes Landes nehmen sie in Berufsfragen nur das Urteil ihrer Berufskolleginnen und -kollegen, des Presserates oder ähnlich legitimierter berufsethischer Organe an. Sie weisen dabei insbesondere jede Einmischung einer staatlichen oder irgendeiner anderen Stelle zurück.

Der letzte Absatz der «Erklärung der Pflichten» wird neu an den Schluss der Präambel verschoben. Die Berufsethik der Journalistinnen und Journalisten postuliert nicht, diese stünden grundsätzlich über den Gesetzen und würden sich den Verfahren vor demokratisch, rechtsstaatlich legitimierten Gerichten und Behörden entziehen.

«Erklärung der Rechte»/Buchstabe c (Widerruf der allgemeinen Linie des Publikationsorgans)

Sie dürfen jede Weisung und jede Einmischung zurückweisen, die gegen die allgemeine Linie ihres Publikationsorgans verstossen. Diese allgemeine Linie muss ihnen vor ihrer Anstellung schriftlich mitgeteilt werden; ihre einseitige Änderung oder Widerrufung ist unstatthaft und stellt einen Vertragsbruch dar.

Die Parteien empfehlen die schriftliche Fixierung der publizistischen Leitlinien des Unternehmens, die ein wesentliches Fundament für die redaktionelle Tätigkeit darstellen. Der Widerruf der allgemeinen Linie des Publikationsorgans ist zulässig. Damit kann jedoch eine wesentliche Voraussetzung der bisherigen journalistischen Tätigkeit wegfallen (Gewissensklausel). Die angemessene Regelung der Folgen ist Sache der Sozialpartner, des Betriebs und/oder der Parteien des Einzelarbeitsvertrages.

«Erklärung der Rechte»/Buchstabe d (Mitwirkung der Redaktionsmitglieder)

Sie haben Anspruch auf Transparenz über die Besitzverhältnisse ihres Arbeitgebers. Sie müssen als Mitglied einer Redaktion vor jeder wichtigen Entscheidung die Einfluss auf den Gang des Un- ternehmens hat, rechtzeitig informiert und angehört werden. Die Redaktionsmitglieder sind insbesondere vor dem definitiven Entscheid über Massnahmen zu konsultieren, welche eine grundlegende Änderung in der Zusammensetzung der Redaktion oder ihrer Organisation zur Folge haben.

Zur ethischen Forderung auf Transparenz über die Besitzverhältnisse empfehlen die Parteien den Medienunternehmen, ihre redaktionellen Mitarbeiter bei der Anstellung sowie bei wesentlichen Veränderungen von sich aus über die relevanten Beteiligungen am Unternehmen zu orientieren. Ebenso ist eine regelmässige öffentliche Bekanntgabe der Besitzverhältnisse angebracht. Die Parteien bekräftigen das Prinzip der Konsultation vor wichtigen unternehmerischen Entscheiden im Sinne von Art. 330b OR, 333g OR i.V.m. Art. 10 Mitwirkungsgesetz. Eine gesonderte Anhörung der Redaktion ist bei verlegerischen Entscheiden angebracht, die unmittelbaren Einfluss auf sie haben.

«Erklärung der Rechte»/Buchstabe f (Kollektivvertrag)

Sie haben Anspruch auf eine klare Regelung der Arbeitsbedingungen durch einen Kollektivvertrag. Darin ist festzuhalten, dass ihnen durch ihre Tätigkeit in den Berufsorganisationen keine persönlichen Nachteile entstehen dürfen.

Die Parteien bekennen sich zum Prinzip der Sozialpartnerschaft, insbesondere zur überindividuellen Regelung der Arbeitsverhältnisse. Die Verlegerinnen und Verleger und SRG SSR idée suisse respektieren die Koalitionsfreiheit und anerkennen das Recht auf Kollektivvertragsverhandlungen.

Die Journalistinnen und Journalisten können den Kollektivvertrag nicht über eine Beschwerde beim Presserat einfordern. Es steht ihnen dagegen offen, an den Presserat zu gelangen, wenn ihre Arbeitsbedingungen unmittelbar zu berufsethischen Fehlleistungen führen.

Richtlinie 1.1 – Wahrheitssuche

Die Wahrheitssuche stellt den Ausgangspunkt der Informationstätigkeit dar. Sie setzt die Beachtung verfügbarer und zugänglicher Daten, die Achtung der Integrität von Dokumenten (Text, Ton und Bild), die Überprüfung und die allfällige Berichtigung voraus. Diese Aspekte werden nachfolgend unter den Ziffern 3, 4 und 5 der «Erklärung der Pflichten» behandelt.

Richtlinie 2.1 – Informationsfreiheit

Die Informationsfreiheit ist die wichtigste Voraussetzung der Wahrheitssuche. Es obliegt allen Journalistinnen und Journalisten, dieses Grundprinzip allgemein und individuell zu verteidigen. Der Schutz dieser Freiheit wird durch die Ziffern 6, 9, 10 und 11 der «Erklärung der Pflichten» und durch die «Erklärung der Rechte» gewährleistet.

Richtlinie 2.2 – Meinungspluralismus

Der Meinungspluralismus trägt zur Verteidigung der Informationsfreiheit bei. Er ist notwendig, wenn sich ein Medium in einer Monopolsituation befindet.

Richtlinie 2.3 – Trennung von Fakten und Kommentar

Journalistinnen und Journalisten achten darauf, dass das Publikum zwischen Fakten und kommentierenden, kritisierenden Einschätzungen unterscheiden kann.

Richtlinie 2.4 – Öffentliche Funktionen

Die Ausübung des Berufs der Journalistin, des Journalisten ist grundsätzlich nicht mit der Ausübung einer öffentlichen Funktion vereinbar. Wird eine politische Tätigkeit aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise wahrgenommen, ist auf eine strikte Trennung der Funktionen zu achten. Zudem muss die politische Funktion dem Publikum zur Kenntnis gebracht werden. Interessenkonflikte schaden dem Ansehen der Medien und der Würde des Berufs. Dieselben Regeln gelten auch für private Tätigkeiten, die sich mit der Informationstätigkeit überschneiden könnten.

Richtlinie 2.5 – Exklusivverträge

Exklusivverträge mit Trägerinnen und Trägern von Informationen dürfen nicht Vorgänge oder Ereignisse zum Gegenstand haben, die für die Information der Öffentlichkeit und die Meinungsbildung von erheblicher Bedeutung sind. Wenn solche Verträge ein Informationsmonopol etablieren, indem sie andere Medien vom Zugang zu Informationen ausschliessen, beeinträchtigen sie die Pressefreiheit.

Richtlinie 3.1 – Quellenbearbeitung

Ausgangspunkt der journalistischen Sorgfaltspflichten bildet die Überprüfung der Quelle einer Information und ihrer Glaubwürdigkeit. Eine genaue Bezeichnung der Quelle eines Beitrags liegt im Interesse des Publikums, sie ist vorbehältlich eines überwiegenden Interesses an der Geheimhaltung einer Quelle unerlässlich, wenn dies zum Verständnis der Information wichtig ist.

Richtlinie 3.2 – Medienmitteilungen

Medienmitteilungen von Behörden, Parteien, Verbänden, Unternehmen oder anderer Interessengruppen sind als solche zu kennzeichnen.

Richtlinie 3.3 – Archivdokumente

Archivdokumente sind ausdrücklich zu kennzeichnen, allenfalls mit Angabe des Datums der Erstveröffentlichung. Zudem ist abzuwägen, ob sich die abgebildete Person immer noch in der gleichen Situation befindet und ob ihre Einwilligung auch für eine neuerliche Publikation gilt.

Richtlinie 3.4 – Illustrationen

Bilder oder Filmsequenzen mit Illustrationsfunktion, die ein Thema, Personen oder einen Kontext ins Bild rücken, die keinen direkten Zusammenhang mit dem Textinhalt haben (Symbolbilder), sollen als solche erkennbar sein. Sie sind klar von Bildern mit Dokumentations- und Informationsgehalt unterscheidbar zu machen, die zum Gegenstand der Berichterstattung einen direkten Bezug herstellen.

Richtlinie 3.5 – Fiktive Sequenzen

Fiktive Sequenzen und gestellte Bilder, die in Fernsehberichten und Reportagen von Schauspielerinnen bzw. Schauspielern stellvertretend für die von einer Berichterstattung betroffenen realen Personen gespielt werden, sind klar als solche zu kennzeichnen.

Richtlinie 3.6 – Montagen

Foto- und Videomontagen sind gerechtfertigt, soweit sie dazu dienen, einen Sachverhalt zu erklären, eine Mutmassung zu illustrieren, kritische Distanz zu wahren, oder wenn sie einen satirischen Angriff enthalten. Sie sind in jedem Fall deutlich als solche zu kennzeichnen, damit für das Publikum keine Verwechslungsgefahr besteht.

Richtlinie 3.7 – Meinungsumfragen

Bei der Veröffentlichung von Meinungsumfragen sollten die Medien dem Publikum immer alle Informationen zugänglich machen, die für das Verständnis der Umfrage nützlich sind: Mindestens Zahl der befragten Personen, Repräsentativität, mögliche Fehlerquote, Erhebungsgebiet, Zeitraum der Befragung, Auftraggeberin / Auftraggeber. Aus dem Text sollten auch die konkreten Fragen inhaltlich korrekt hervorgehen. Eine Karenzfrist für die Veröffentlichung von Meinungsumfragen vor Wahlen und Abstimmungen ist mit der Informationsfreiheit nicht vereinbar.

Richtlinie 3.8 – Anhörung bei schweren Vorwürfen*

Gemäss dem Fairnessprinzip gehört es zum journalistischen Handwerk, sich über die verschiedenen Standpunkte von Beteiligten zu informieren. Werden schwere Vorwürfe erhoben, ist es gemäss dem Grundsatz «audiatur et altera pars» Pflicht, den Betroffenen die Möglichkeit zu geben, Stellung zu nehmen. Vorwürfe gelten als schwer, wenn sie gravierendes Fehlverhalten beschreiben oder sonstwie geeignet sind, jemandes Ruf schwerwiegend zu schädigen.

Den von schweren Vorwürfen Betroffenen sind die zur Publikation vorgesehenen Kritikpunkte dabei präzis zu benennen. Ihnen ist sodann angemessen Zeit zu geben, um Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahme muss nicht gleich viel Platz im Bericht umfassen wie die Kritik. Aber sie ist im gleichen Medienbericht fair wiederzugeben. Wenn Betroffene nicht Stellung beziehen wollen, ist im Text darauf hinzuweisen.

Richtlinie 3.9 – Anhörung – Ausnahmen*

Die Anhörung ist ausnahmsweise verzichtbar:

  • wenn schwere Vorwürfe sich auf öffentlich zugängliche amtliche Quellen (z.B. Gerichtsurteile) stützen.
  • wenn ein Vorwurf und die zugehörige Stellungnahme bereits früher öffentlich gemacht worden sind. Zusammen mit dem Vorwurf ist die frühere Stellungnahme wiederzugeben.
  • wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse dies rechtfertigt
  • bei schweren Vorwürfen, die sich auf öffentlich zugängliche amtliche Quellen (z.B. Gerichtsurteile) stützen.
  • wenn ein Vorwurf und die zugehörige Stellungnahme bereits früher öffentlich gemacht worden sind. Zusammen mit dem Vorwurf ist die frühere Stellungnahme wiederzugeben.
  • wenn dies durch ein überwiegendes öffentliches Interesse gerechtfertigt ist.

Richtlinie 4.1 – Verschleierung des Berufs

Es ist unlauter, bei der Beschaffung von Informationen, Tönen, Bildern und Dokumenten, die zur Veröffentlichung vorgesehen sind, den Beruf als Journalistin / Journalist zu verschleiern.

Richtlinie 4.2 – Verdeckte Recherchen

Verdeckte Recherchen sind ausnahmsweise zulässig, wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse an den damit recherchierten Informationen besteht und wenn diese Informationen nicht auf andere Weise beschafft werden können. Sie sind weiter zulässig, wenn Ton- oder Bildaufnahmen Journalistinnen und Journalisten gefährden würden, immer ein überwiegendes öffentliches Interesse an diesen Aufnahmen vorausgesetzt. Besondere Beachtung ist der Wahrung des Persönlichkeitsschutzes von zufällig anwesenden Personen zu schenken. Journalistinnen und Journalisten dürfen den Rückgriff auf an sich unlautere Methoden auch in diesen Ausnahmefällen aus Gewissensgründen ablehnen.

Richtlinie 4.3 – Bezahlung von Informantinnen / Informanten

Die Bezahlung von Informantinnen / Informanten, die nicht zum Berufsstand gehören, ist grundsätzlich nicht zulässig, da dadurch der Informationsfluss und der Inhalt der Information beeinträchtigt werden kann. Vorbehalten sind Fälle eines überwiegenden öffentlichen Interesses. Der Kauf von Informationen oder Bildern von Personen, die in ein Gerichtsverfahren verwickelt sind, ist untersagt. Vorbehalten ist die Rechtfertigung durch ein überwiegendes öffentliches Interesse, sofern die Information nicht auf andere Weise beschafft werden kann.

Richtlinie 4.4 – Sperrfristen

Wenn eine Information oder ein Dokument mit einer gerechtfertigten Sperrfrist (Abgabe von Texten noch nicht gehaltener Reden; Beeinträchtigung wichtiger Interessen bei einer verfrühten Publikation usw.) an ein oder mehrere Medien übergeben wird, ist diese Sperrfrist zu respektieren. Sperrfristen dürfen nicht Werbezwecken dienen. Hält eine Redaktion eine Sperrfrist nicht für gerechtfertigt, hat sie die Quelle über ihre Absicht, umgehend an die Öffentlichkeit zu gehen, zu informieren, damit die Quelle die übrigen Medien benachrichtigen kann.

Richtlinie 4.5 – Interview

Das Interview basiert auf einer Vereinbarung zwischen zwei Partnerinnen / Partnern, welche die dafür geltenden Regeln festlegen. Besondere Bedingungen vor der Aufzeichnung (Beispiel: Verbot, gewisse Fragen zu stellen) sind bei der Publikation öffentlich zu machen. Im Normalfall müssen Interviews autorisiert werden. Ohne ausdrückliches Einverständnis des Gesprächspartners sind Medienschaffende nicht befugt, aus einem Gespräch nachträglich ein Interview zu konstruieren.

Die interviewte Person darf bei der Autorisierung keine wesentlichen Änderungen vornehmen (Veränderungen des Sinnes, Streichung oder Hinzufügung von Fragen). Sie kann aber offensichtliche Irrtümer korrigieren. Auch bei starken Kürzungen soll die interviewte Person ihre Äusserungen im Text wiedererkennen können. Ist keine Einigung zu erzielen, haben Medienschaffende das Recht, auf eine Publikation zu verzichten oder den Vorgang transparent zu machen. Wenn beide Seiten mit einer Fassung einverstanden sind, kann hinterher nicht mehr auf frühere Fassungen zurückgegriffen werden.

Richtlinie 4.6 – Recherchegespräche

Journalistinnen und Journalisten sollen ihre Gesprächspartner über das Ziel des Recherchegesprächs informieren. Medienschaffende dürfen Statements ihrer Gesprächspartner bearbeiten und kürzen, soweit dies die Äusserungen nicht entstellt. Der befragten Person muss bewusst sein, dass sie eine Autorisierung der zur Publikation vorgesehenen Äusserungen verlangen darf.

Richtlinie 4.7 – Plagiat

Wer ein Plagiat begeht, d.h. wer Informationen, Präzisierungen, Kommentare, Analysen und sämtliche anderen Informationsformen von einer Berufskollegin, einem Berufskollegen ohne Quellenangabe in identischer oder anlehnender Weise übernimmt, handelt unlauter gegenüber seinesgleichen.

Richtlinie 5.1 – Berichtigungspflicht

Die Berichtigungspflicht wird von den Medienschaffenden unverzüglich von sich aus wahrgenommen und ist Teil der Wahrheitssuche. Die materielle Unrichtigkeit betrifft die Fakten und nicht die sich auf erwiesene Fakten abstützenden Werturteile.

Richtlinie 5.2 – Leserbriefe und Online-Kommentare

Die berufsethischen Normen gelten auch für die Veröffentlichung von Leserbriefen und Online-Kommentaren. Der Meinungsfreiheit ist aber gerade auf der Leserbriefseite ein grösstmöglicher Freiraum zuzugestehen, weshalb die Redaktion nur bei offensichtlichen Verletzungen der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» einzugreifen hat.

Briefe von Leserinnen und Lesern sowie Online-Kommentare dürfen redigiert und dem Sinn entsprechend gekürzt werden. Aus Transparenzgründen sollte die Redaktion regelmässig informieren, dass sie sich das Kürzungsrecht vorbehält. Von der Kürzung ausgenommen sind Fälle, in denen ein Autor auf der Veröffentlichung des integralen Textes besteht. Dann ist entweder diesem Wunsch nachzugeben oder die Veröffentlichung abzulehnen.

Richtlinie 5.3 – Zeichnung von Leserbriefen und Online-Kommentaren

Leserbriefe und Online-Kommentare sind in der Regel mit dem Namen zu zeichnen. Sie werden nur bei begründeten Ausnahmen anonym veröffentlicht, beispielsweise um schützenswerte Interessen (Privatsphäre, Quellenschutz) zu wahren.

Online-Diskussionsforen, welche auf unmittelbare spontane Reaktionen ausgerichtet sind, können ausnahmsweise auf die Identifizierung des Autors verzichten, sofern die Redaktion die Kommentare vorgängig kontrolliert und auch hier sicherstellt, dass sie keine ehrverletzenden oder diskriminierenden Kommentare veröffentlicht.

Richtlinie 6.1 – Redaktionsgeheimnis

Die Berufspflicht, das Redaktionsgeheimnis zu wahren, geht weiter als das gesetzliche Zeugnisverweigerungsrecht. Das Redaktionsgeheimnis schützt die Quellen der Journalistinnen und Journalisten (Notizen, Adressen, Ton- und Bildaufnahmen usw.). Es schützt Informantinnen und Informanten, sofern sie ihre Mitteilungen unter der Voraussetzung abgegeben haben, dass sie bei einer Publikation nicht identifizierbar gemacht werden dürfen.

Richtlinie 6.2 – Ausnahmen des Quellenschutzes

Journalistinnen und Journalisten haben ungeachtet der gesetzlichen Ausnahmeregelungen des Zeugnisverweigerungsrechts in jedem Einzelfall eine Interessenabwägung zwischen dem Recht der Öffentlichkeit auf Information und anderen schützenswerten Interessen vorzunehmen. In Extremfällen können sich Journalistinnen und Journalisten von der abgegebenen Zusicherung der Vertraulichkeit entbunden fühlen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie Kenntnis von besonders schweren Verbrechen oder Drohungen erhalten, ebenso bei Angriffen auf die innere oder äussere Sicherheit des Staates.

Richtlinie 7.1 – Schutz der Privatsphäre

Jede Person – dies gilt auch für Prominente – hat Anspruch auf den Schutz ihres Privatlebens. Journalistinnen und Journalisten dürfen im Privatbereich keine Ton-, Bild- oder Videoaufnahmen ohne Einwilligung der Betroffenen machen (Recht am eigenen Bild und Wort). Ebenso ist jede Belästigung von Personen in ihrem Privatbereich zu unterlassen (Eindringen in Häuser, Verfolgung, Auflauern, telefonische Belästigung usw.).

Auch im öffentlichen Bereich ist das Fotografieren oder Filmen von Privatpersonen nur dann ohne Einwilligung der Betroffenen zulässig, wenn sie auf dem Bild nicht herausgehoben werden. Bei öffentlichen Auftritten und im Rahmen des öffentlichen Interesses ist es hingegen erlaubt, mit Bild und Ton zu berichten.

Richtlinie 7.2 – Identifizierung

Journalistinnen und Journalisten wägen die beteiligten Interessen (Recht der Öffentlichkeit auf Information, Schutz der Privatsphäre) sorgfältig ab. Namensnennung und/oder identifizierende Berichterstattung ist zulässig:

  • sofern die betroffene Person im Zusammenhang mit dem Gegenstand des Medienberichts öffentlich auftritt oder auf andere Weise in die Veröffentlichung einwilligt;
  • sofern eine Person in der Öffentlichkeit allgemein bekannt ist und der Medienbericht damit im Zusammenhang steht;
  • sofern die betroffene Person ein politisches Amt beziehungsweise eine staatliche oder gesellschaftlich leitende Funktion wahrnimmt und der Medienbericht damit im Zusammenhang steht;
  • sofern die Namensnennung notwendig ist, um eine für Dritte nachteilige Verwechslung zu vermeiden;
  • sofern die Namensnennung oder identifizierende Berichterstattung anderweitig durch ein überwiegendes öffentliches Interesse gerechtfertigt ist.

Überwiegt das Interesse am Schutz der Privatsphäre das Interesse der Öffentlichkeit an einer identifizierenden Berichterstattung, veröffentlichen Journalistinnen und Journalisten weder Namen noch andere Angaben, welche die Identifikation einer Person durch Dritte ermöglichen, die nicht zu Familie, sozialem oder beruflichem Umfeld des Betroffenen gehören, also ausschliesslich durch die Medien informiert werden.

Richtlinie 7.3 – Kinder

Besonders zu schützen sind Kinder, auch Kinder von Prominenten und von weiteren im Fokus der Medien stehenden Personen. Höchste Zurückhaltung ist bei Recherchen und Berichten über Gewaltverbrechen angezeigt, von denen Kinder tangiert sind (sei es als Opfer, mögliche Täter/innen oder als Zeug/innen).

Richtlinie 7.4 – Gerichtsberichterstattung; Unschuldsvermutung und Resozialisierung

Bei der Gerichtsberichterstattung wägen Journalistinnen und Journalisten Namensnennung und identifizierende Berichterstattung besonders sorgfältig ab. Sie tragen der Unschuldsvermutung Rechnung. Nach einer Verurteilung nehmen sie Rücksicht auf die Familie und die Angehörigen der/des Verurteilten, wie auch auf die Chancen zur Resozialisierung.

Richtlinie 7.5 – «Recht auf Vergessen»

Verurteilte haben ein «Recht auf Vergessen». Dies gilt erst recht bei Einstellung eines Verfahrens und bei Freispruch. Das «Recht auf Vergessen» gilt aber nicht absolut. In verhältnismässiger Art und Weise dürfen Journalistinnen und Journalisten über frühere Verfahren berichten, sofern ein überwiegendes öffentliches Interesse dies rechtfertigt. Beispielsweise, wenn ein Zusammenhang zwischen früherem Verhalten und aktueller Tätigkeit besteht.

«Das ‹Recht auf Vergessen» gilt auch für Online-Medien und digitale Archive. Redaktionen sollten auf begründetes Gesuch hin prüfen, ob sich eine nachträgliche Anonymisierung oder Aktualisierung eines elektronisch archivierten Medienberichts aufdrängt. Bei Berichtigungen sollten die Redaktionen einen zusätzlichen Vermerk anbringen, anstatt bloss die vorangehende Version zu überschreiben. Löschungsbegehren sind abzulehnen. Zudem sollten Journalisten ihre Quellen bei Internet- und Archivrecherchen besonders kritisch überprüfen.

Richtlinie 7.6 – Nichteröffnung, Einstellung und Freispruch

Umfang und Platzierung von Berichten über Nichteröffnung, Einstellung oder Freispruch in einem Strafverfahren müssen in angemessenem Verhältnis zu vorangegangenen Beiträgen stehen.

Richtlinie 7.7 – Sexualdelikte

Bei Sexualdelikten tragen Journalistinnen und Journalisten den Interessen der Opfer besonders Rechnung. Sie machen keine Angaben, die ihre Identifikation ermöglichen.

Richtlinie 7.8 – Notsituationen, Krankheit, Krieg und Konflikte

Journalistinnen und Journalisten zeigen sich besonders zurückhaltend gegenüber Personen, die sich in einer Notlage befinden oder die unter dem Schock eines Ereignisses stehen sowie bei Trauernden. Dies gilt auch gegenüber den Familien und Angehörigen der Betroffenen. Für Recherchen vor Ort in Spitälern und ähnlichen Institutionen ist die Einwilligung der Verantwortlichen einzuholen.

Bilder von Kriegen und Konflikten, Terrorakten und weiteren Notlagen dokumentieren historische Momente. Das öffentliche Interesse an ihrer Publikation muss jedoch abgewogen werden gegen

  • die Gefahr, die Privatsphäre der abgebildete(n) Person(en) und/oder die Sensibilität der Betrachter zu verletzen;
  • das Recht auf Totenruhe des/der Abgebildeten.

Journalistinnen und Journalisten dürfen Bilder, auf denen Verstorbene herausgehoben sind – es sei denn das öffentliche Interesse überwiege – nur dann publizieren, wenn die Angehörigen die Bilder explizit freigeben. Dies gilt auch, wenn solche Bilder etwa bei Trauerfeiern oder Gedenkanlässen öffentlich zugänglich sind.

Richtlinie 7.9 – Suizid

Journalistinnen und Journalisten üben bei Suizidfällen grösste Zurückhaltung. Über Suizide darf berichtet werden:

  • sofern sie grosses öffentliches Aufsehen erregen;
  • sofern sich Personen des öffentlichen Lebens das Leben nehmen. Bei weniger bekannten Persönlichkeiten muss der Suizid zumindest in einem vermuteten Zusammenhang mit öffentlichen Angelegenheiten stehen;
  • sofern der Verstorbene oder seine Angehörigen von sich aus an die Öffentlichkeit gelangt sind;
  • sofern sie im Zusammenhang mit einem von der Polizei gemeldeten Verbrechen stehen;
  • sofern sie Demonstrationscharakter haben und auf ein ungelöstes Problem aufmerksam machen wollen;
  • sofern dadurch eine öffentliche Diskussion ausgelöst wird;
  • sofern Gerüchte oder Anschuldigungen im Umlauf sind, die durch die Berichterstattung richtiggestellt werden.

In allen Fällen beschränkt sich die Berichterstattung auf die für das Verständnis des Suizids notwendigen Angaben und darf keine intimen oder gar herabsetzenden Einzelheiten enthalten. Um das Risiko von Nachahmungstaten zu vermeiden, verzichten Journalistinnen und Journalisten auf detaillierte, präzise Angaben über angewandte Methoden und Mittel.

Richtlinie 8.1 – Achtung der Menschenwürde

Die Informationstätigkeit hat sich an der Achtung der Menschenwürde zu orientieren. Sie ist ständig gegen das Recht der Öffentlichkeit auf Information abzuwägen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der direkt betroffenen oder berührten Personen als auch gegenüber der gesamten Öffentlichkeit.

Richtlinie 8.2 – Diskriminierungsverbot

Die Nennung der ethnischen oder nationalen Zugehörigkeit, der Herkunft, der Religion, der sexuellen Orientierung und/oder der Hautfarbe kann diskriminierend wirken, insbesondere wenn sie negative Werturteile verallgemeinert und damit Vorurteile gegenüber Minderheiten verstärkt. Journalistinnen und Journalisten wägen deshalb den Informationswert gegen die Gefahr einer Diskriminierung ab und wahren die Verhältnismässigkeit.

Richtlinie 8.3 – Opferschutz

Autorinnen und Autoren von Berichten über dramatische Ereignisse oder Gewalt müssen immer sorgfältig zwischen dem Recht der Öffentlichkeit auf Information und den Interessen der Opfer und der Betroffenen abwägen. Journalistinnen und Journalisten sind sensationelle Darstellungen untersagt, welche Menschen zu blossen Objekten degradieren. Als sensationell gilt insbesondere die Darstellung von Sterbenden, Leidenden und Leichen, wenn die Darstellung in Text und Bild hinsichtlich detailgetreuer Beschreibung sowie Dauer und Grösse der Einstellungen die Grenze des durch das legitime Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit Gerechtfertigten übersteigt.

Richtlinie 8.4 – Bilder über Kriege und Konflikte

Fotografien und Fernsehbilder über Kriege und Konflikte sollten darüber hinaus vor ihrer Publikation oder Ausstrahlung hinsichtlich folgender Fragen geprüft werden:

  • Handelt es sich wirklich um ein einmaliges Dokument der Zeitgeschichte?
  • Sind die abgebildeten Personen als Individuen identifizierbar?
  • Würde ihre Menschenwürde durch eine Publikation verletzt?

Richtlinie 8.5 – Bilder von Unglücksfällen, Katastrophen und Verbrechen

Fotografien und Fernsehbilder von Unglücksfällen, Katastrophen und Verbrechen müssen die Menschenwürde respektieren und darüber hinaus die Situation der Familie und der Angehörigen der Betroffenen berücksichtigen. Dies gilt besonders im Bereich der lokalen und regionalen Information.

Richtlinie 9.1 – Unabhängigkeit

Die Wahrung der Unabhängigkeit der Journalistinnen und Journalisten ist für die Verteidigung der Pressefreiheit unabdingbar. Die Wahrung der Unabhängigkeit erfordert ständige Wachsamkeit. Die Annahme von individuellen Einladungen und Geschenken ist zulässig, sofern diese das übliche Mass nicht übersteigen. Dies gilt sowohl für berufliche als auch für soziale Beziehungen. Die Recherche von Informationen und ihre Veröffentlichung darf durch die Annahme von Einladungen oder Geschenken niemals beeinflusst werden.

Richtlinie 9.2 – Interessenbindungen

Die Wirtschafts- und Finanzberichterstattung ist der Gewährung verschiedenster Vergünstigungen und dem Zugang zu Insiderwissen besonders ausgesetzt. Journalistinnen und Journalisten dürfen Informationen, von denen sie vor deren Veröffentlichung Kenntnis erhalten, nicht zu ihrem Vorteil auswerten oder durch Dritte auswerten lassen. Sie dürfen nicht über Gesellschaften oder Wertpapiertitel schreiben, zu denen durch sie oder ihre Angehörigen Interessenbindungen bestehen, so dass ein Interessenkonflikt entstehen könnte. Sie dürfen keine vergünstigten Beteiligungen im Austausch gegen Medienberichte annehmen, selbst wenn es sich nicht um Gefälligkeitsberichte handelt.

Richtlinie 10.1 – Trennung zwischen redaktionellem Teil und Werbung

Die deutliche Trennung zwischen redaktionellem Teil/Programm und Werbung bzw. bezahltem oder durch Dritte zur Verfügung gestelltem Inhalt ist für die Glaubwürdigkeit der Medien unabdingbar. Inserate, Werbesendungen und bezahlte oder durch Dritte zur Verfügung gestellte Inhalte sind gestalterisch von redaktionellen Beiträgen klar abzuheben. Sofern sie nicht optisch/akustisch eindeutig als solche erkennbar sind, müssen sie explizit als Werbung deklariert werden. Journalistinnen und Journalisten dürfen diese Abgrenzung nicht durch Einfügen von Schleichwerbung in der redaktionellen Berichterstattung unterlaufen.

Richtlinie 10.2 – Sponsoring, Pressereisen, Koppelung von redaktionellen Berichten und Werbung

Bei gesponserten Medienberichten sind der Name des Sponsors transparent zu machen und die freie Themenauswahl und -bearbeitung durch die Redaktion zu gewährleisten. Bei Pressereisen muss erwähnt werden, wer die Kosten übernommen hat. Die redaktionelle Freiheit muss ebenfalls gewahrt werden.

Redaktionelle Beiträge (z.B. «begleitende» redaktionelle Berichterstattungen), die als «Gegenleistung» zu Inseraten und Werbesendungen veröffentlicht werden, sind unzulässig.

Richtlinie 10.3 – Lifestyle-Berichte; Nennung von Marken und Produkten

Die Freiheit der Redaktion bei der Auswahl der redaktionellen Themen in Bereichen wie «Lifestyle» oder «Ratgeber» ist zu gewährleisten. Die berufsethischen Regeln erfassen auch Berichte, die Konsumgüter und Dienstleistungen vorstellen.

Die unkritische oder hochlobende Präsentation von Konsumgegenständen, die häufiger als nötige Nennung von Produkte- oder Dienstleistungsmarken und die blosse Wiedergabe von Werbeslogans im redaktionellen Text gefährden die Glaubwürdigkeit des Mediums und der Journalistinnen und Journalisten.

Richtlinie 10.4 – Public Relations

Journalistinnen und Journalisten redigieren keine interessengebundenen Texte (Werbung und Public Relations), die ihre journalistische Unabhängigkeit beeinträchtigen. Heikel sind insbesondere Themen, die sie auch publizistisch bearbeiten. Sie berichten nicht anders als sonst über Anlässe, bei denen das eigene Medienhaus Sponsor/in oder «Medienpartner/in» ist.

Richtlinie 10.5 – Inserateboykotte

Journalistinnen und Journalisten verteidigen die Informationsfreiheit bei tatsächlicher oder drohender Beeinträchtigung durch private Interessen, namentlich bei Inserateboykotten oder Boykottdrohungen. Drohungen oder Boykotte sind grundsätzlich öffentlich zu machen.

Richtlinie a.1 – Indiskretionen

Medien dürfen Informationen veröffentlichen, die ihnen durch Indiskretionen bekanntgeworden sind, sofern:

  • die Informationsquelle dem Medium bekannt ist;
  • das Thema von öffentlichem Interesse ist;
  • die Veröffentlichung keine äusserst wichtigen Interessen wie z.B. schützenswerte Rechte, Geheimnisse usw. tangiert;
  • es keine überwiegenden Gründe gibt, mit der Publikation zuzuwarten;
  • die Indiskretion durch die Informantin / den Informanten absichtlich und freiwillig erfolgt ist.

Richtlinie a.2 – Privatunternehmen

Privatunternehmen sind Gegenstand der journalistischen Recherche, wenn sie aufgrund ihres wirtschaftlichen Gewichts und/oder ihrer gesellschaftlichen Bedeutung zu den wichtigen Akteuren einer Region gehören.

Diese Richtlinien wurden vom Schweizer Presserat an seiner konstituierenden Sitzung vom 18. Februar 2000 verabschiedet und an den Plenarsitzungen vom 9. November 2001, 28. Februar 2003, 7. Juli 2005, 16. September 2006, 24. August 2007, 3. September 2008, 2. September 2009, 1. September 2010, 27. September 2012, 19. September 2013, am 25. September 2014 sowie am 18. Mai 2017 revidiert und per 1. Juli 2017 in Kraft gesetzt.

*Richtlinie per 1. Mai 2023 angepasst.